Rimella ist ein kleines Bergdorf mit nur noch 54 Einwohnern im hintersten Piemont. Eine lokale Initiative und ein Wanderbegleiter aus Tübingen bringen seit 25 Jahren ein paar Touristen und ein bischen Geld ins Dorf. Kleine Wandergruppen werden in einem familiären Hotel mit sehr gutem Essen verwöhnt. In einer supereinsamen Gegend gehen wir uralte unbekannte Wege auf spektakuläre Aussichtsgipfel: Natur pur.
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Initiative Pro Rimella
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Rimella ist ein uraltes Walserdorf mit lebendiger Kultur, in grandioser Lage am Monte Rosa im wilden Naturpark Monte Rosa - Sesiatal. Idealer Ausgangspunkt für sehr schöne Spaziergänge und faszinierende Bergwanderungen - für Abenteurer und Genießer! Wir kennen über 1000 Wege und Wegspuren und deren Kombinationsmöglichkeiten zu spektakulären Rundwanderungen. Aufgrund umfassender Ortskenntnisse und jahrzehntelanger eigener GPS-Messungen können wir Ihnen eine ungewöhnlich große Auswahl an Wanderungen für jeden Geschmack anbieten: von den dschungelüberwucherten Geisterdörfern im unteren Mastallonetal bis zu langen Überschreitungen im alpinen Wildnisgebiet der Walsergipfel. Rimella liegt direkt am faszinierenden Weitwanderweg GTA (Große Alpen-Überschreitung), für den wir ebenfalls eine einzigartig umfassende Webseite machen. Ein umfangreiches Verzeichnis sämtlicher Literatur, Landkarten, Fotos und Führer finden Sie hier!
Die Gemeinde Rimella besteht aus total 16 teilweise verlassenen und verfallenden winzigen Dörfern und Weilern. Fotos anklicken!
Chiljchu 30. April 2009, 1323 |
Chiljchu 26. September 2011, 1737 |
Ebe 4. Juni 2006, 0818 |
Ebe 24. Mai 2011, 1642 |
Grund 17. Mai 2012, 0933 |
Grund 6. Juni 2009, 1051 |
Manjeronk 9. Mai 2013, 1141 |
Akku 15. Juli 2013, 1341 |
Akku 13. September 2013, 1603 |
Matte 28. Mai 2012, 2015 |
Matte 4. Mai 2014, 1419 |
Rivu 15. Juli 2013, 1214 |
Nidru 14. September 2015, 1106 |
Nidru 13. September 2013, 0923 |
Obru 10. Mai 2012, 0835 |
Im zentralen Ortsteil Chiesa gibt es ein interessantes kleines Museum, das Museo Filippa. Für dessen weitere Finanzierung durch den Fondo per l'Ambiente Italiano (FAI) benötigen wir bis April 2025 ein paar Tausend (!) Stimmen. Für unser kleines Bergdorf ist das natürlich eine große Herausforderung ...
Wenn Sie uns mit Ihrer Stimme auch unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier. Diese Webseite informiert ausführlich, auch mit mehreren Fotos, über das Museo Filippa. (Wer nicht Italienisch versteht, läßt sich einfach mit Google Translate alles übersetzen.) Herzlichen Dank!
Die Anreise aus Deutschland mit Auto Bus Flugzeug beschreiben wir hier. Mit der Bahn Simplonstrecke Basel/Zürich - Brig - Domodossola - Mailand/Novara, oder Gotthardstrecke Basel/Zürich - Mailand - Novara. Linienbus nach Varallo Sesia und Taxibus rauf nach Rimella.
Wenn Sie die Gegend vorab mit Google Earth anschauen möchten: das Albergo Fontana hat die Koordinaten N 45°54'29.3" E 008°10'53.0" oder N 45.90813° E 008.18139° , und es liegt 1155 Meter hoch. Wenn Sie im Satellitenbild auf die blauen Kästchen klicken, werden etliche interessante Fotos angezeigt. Google Maps führt Sie hierhin.
Gästebuch des Albergo Monte Càpio, September 1961. Ein zwölfjähriges Mädchen aus Mailand schrieb: "Es lebe Rimella, das so schön ist, mit dem Schnitzel mit Spiegelei, das ich jeden Mittag mit großem Appetit esse, wenn ich von der Wanderung zurückkomme." Im Vordergrund die große Kirche, darüber im Wald Roncaccio und auf dem Sattel die Alpe La Res von Fobello. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung von Piera Rinoldi.
Der Naturpark Monte Rosa - Sesiatal und Orte wie Campello Monti, Cervatto, Cravagliana, Fobello, Forno und Rimella sind in Deutschland, Österreich und der Schweiz praktisch völlig unbekannt. Wegen der Lage "am Ende der Welt" sind diese abgelegenen Bergdörfer seit Jahrhunderten von massiver Abwanderung betroffen, denn das Leben in der Po-Ebene und das Geldverdienen bei Alessi in Omegna oder bei Zegna in Trivero oder bei Fiat in Turin ist heute natürlich wesentlich attraktiver. Die dramatische Flucht der Bevölkerung aus ihren vom sogenannten "Fortschritt" vergessenen piemontesischen Bergdörfern setzt sich im dritten Jahrtausend erst recht beschleunigt fort. Die Ursachen der Entvölkerung beschreiben wir hier. Die Entwicklung des Tourismus in diesem Gebiet beschreiben wir hier. Der einst bedeutende Ort Rimella ist heute eine arme Gemeinde und hat selbst keine Ideen und schon gar kein Geld für gezielte Infrastruktur-Massnahmen oder für den eigenständigen Aufbau eines sozial- und umweltverträglichen Wandertourismus, denn europäische Fördergelder für die Bergregionen versickern regelmässig in der italienischen Bürokratie. Der deutsche Geographie-Professor Werner Bätzing, Autor der GTA-Weitwanderführer und auch er ein intimer Kenner eines Tals in den piemontesischen Alpen, schreibt in seiner Doktorarbeit klipp und klar: "Der totale Zusammenbruch der traditionellen Welt resultiert aus dem Einbruch der modernen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft in eine kulturell erstarrte innovationsunfähige vorindustrielle Bauerngesellschaft. Als Träger eines Neuanfangs kommen die vor Ort lebenden Einheimischen meist nicht in Frage, weil sie ja gerade die traditionellen Strukturen aufrechterhalten und Neuerungen ablehnen."
Wie man aus den offiziellem Statistiken lesen kann, geht die dramatische Entvölkerung ungebremst weiter: im gesamten Sesiatal 1991-2001 in nur 10 Jahren von 35067 auf 33311 Einwohner, davon im Mastallonetal von 997 auf 803 Einwohner, davon in Rimella von 190 auf 142 Einwohner. 2022 hatten wir nur noch 120 Einwohner. Tatsächlich wohnen aber nur rund 50 das ganze Jahr über, also auch im Winter, in Rimella. Der Rest sind nach Varallo, Borgosesia, Novara, Mailand, Varese, Vercelli und Turin verzogene Emigranten, die allenfalls im Hochsommer für ein paar Tage auftauchen, weil sie noch ein geerbtes Haus oder eine Wohnung dort oben am Ende der Welt haben.
Das urige kleine Walserdorf Rimella wurde vor über 750 Jahren vom Wallis aus begründet und besiedelt. Der Ursprung von Rimella ist das Bergdorf Visperterminen oberhalb der Stadt Visp (bei Brig im Oberwallis), dem Eingangstor des Mattertals hinauf nach Zermatt und des Saastals hinauf nach Saas Fee. Von dort ist Rimella gerade mal drei Tageswanderungen entfernt: 1. Visperterminen - Saas Fee, 2. Monte-Moro-Paß 2868 m - Macugnaga, 3. Bannio - Colle Dorchetta 1810 m - Rimella.
2002 fand das 14. internationale Walsertreffen in Brig statt, und die Gruppe aus Rimella mit ihren schönen alten Trachten und bäuerlichen Geräten und Werkzeugen hat natürlich auch einen Ausflug hinauf nach Visperterminen gemacht. Auf dem Friedhof von Rimella belegen zahlreiche Gräber mit dem Namen Termignoni die Verwandtschaft mit den Wurzeln der Gemeinde. Im hintersten Mastallone-Tal gelegen, war sie jahrhundertelang völlig isoliert: die Straße hinauf zur Pfarrkirche San Michele im zentralen Ortsteil Chiesa wurde erst 1969 in dem Jahr, als der erste Mensch auf dem Mond landete, fertiggestellt. Diese extreme Isolation hat dazu geführt, dass die Einwohner praktisch heute noch die stocksture Mentalität der innerschweizerischen Bergbauern haben, was die bereits angedeuteten Probleme natürlich noch dramatisch verschärft.
Leicht übertriebene Statistik der Pfarrer vor Ort: Cravagliana 200, Fobello 300, Rimella 130, Sabbia 180, Mastallonetal total 810 Abitanti = 400 Residenti.
Seit über zwei Jahrzehnten arbeiten wir von April bis Oktober monatelang mit den urchigen Einheimischen direkt vor Ort. Systematisch reden wir mit den allerletzten Einwohnern, sammeln einzigartige Informationen und haben dadurch einen wirklich umfassenden Überblick über Geologie, Geschichte, Handwerk, Kultur, Pflanzen, Tiere und Wirtschaft des Sesiatals. Unseren Gästen ermöglicht das einen einzigartigen Einblick in ein touristisch gottseidank völlig unbekanntes Wandergebiet! Unterwegs entdecken wir die Spuren der Menschen in den Bergen und die noch reichlich erhaltenen Zeugnisse ihrer jahrhundertealten Arbeit: verfallene Alpen, uralte Erzminen, verbuschte Felder, entvölkerte Geisterdörfer, vergessenes Handwerk, verrottete Mühlen, abgerutschte Terrassen, zugewachsene Wege, verwaldete Wiesen. Unsere Wanderwochen erneuern den natürlichen Bezug zwischen Mensch und Umwelt. In Rimella hat man wirklich noch seine Ruhe und man findet den normalen Lebensrhythmus wieder. Wandern, essen, schlafen, wandern, essen, schlafen ... eine ganze Woche lang. Regelmäßig wird uns bestätigt: "Ich habe mich noch nie so gut erholt." Ecco!
Die Initiative Pro Rimella ist keine kommerzielle Reiseanbieterin. Die Wanderbegleiter sind erfahrene Bergwanderer, jedoch keine geprüften Führer. Sie kennen die Region und die Leute seit Jahrzehnten und sprechen natürlich Italienisch und den lokalen Dialekt Valsesiano sowieso, und fallweise auch das 700+ Jahre alte Tüttschu der letzten Walser. Wir kennen das riesige Wildnisgebiet Rimella und Mastallonetal besser als irgendjemand sonst. Ein topaktueller Artikel unter dem Titel "Wandern wider den Verfall" erschien Ende März 2015 im Magazin Alps. Der Autor war mit seiner Familie im Sommer 2014 persönlich mehrere Tage in Rimella, um Jörg Klingenfuß bei der Wegarbeit zu begleiten, und insbesondere auch, um persönlich mit den letzten Einwohnern direkt vor Ort zu sprechen.
Schon Ende der 1990er Jahre haben wir die Gegend mit den ersten brauchbaren GPS-Geräten systematisch vermessen und erfaßt, und nur wir verfügen über Hunderte von eigenen GPS-Tracks und Tausende von GPS-Wegpunkten, jahrzehntelange schriftliche Aufzeichnungen ... und unschätzbare Geheimtips der Einheimischen!
Unsere ehrenamtliche Unterstützung für Rimella ist eine gemeinsam mit den verbliebenen Einwohnern entwickelte Initiative "von unten" - die Initiative Pro Rimella. Schon in zehn oder fünfzehn Jahren kann es zu spät sein, und die einzige Möglichkeit, SOFORT etwas gegen die oben beschriebene dramatische Abwanderung zu unternehmen, ist der eigenständige Aufbau eines lokal begrenzten und umweltverträglichen Wandertourismus. Da wir keine Lust haben, mit 15 oder gar 20 oder 30 Leuten durch die Gegend zu rennen, sind unsere Wandergruppen sehr klein und somit auch sozialverträglich. Der gute Kontakt mit den Einheimischen ist gerade in dieser ungewohnten Umgebung sehr wichtig, und ohne unsere in vielen Jahren aufgebauten persönlichen Beziehungen hätten wir niemals wichtige Informationen und fast vergessene Geheimtips zu alten Bergwegen erhalten. In diesem touristisch unerschlossenen Gebiet setzen wir die hochmoderne Technologie der Satellitennavigation und unsere jahrzehntelange Wildniserfahrung gezielt dafür ein, wirklich einzigartige Bergwanderungen zu ermöglichen. Damit erhalten und schaffen wir Verdienstmöglichkeiten für die Einwohner, Unterkünfte, Gaststätten, Bars, Handwerker, Lebensmittelläden, Bauernhöfe und Alphirten in Rimella. Auf diese Weise sorgen wir dafür, dass der Ort nicht (aus-)stirbt wie schon zahlreiche andere kleine Bergdörfer im Piemont. Obwohl die Landschaft umwerfend schön ist, gibt es außer ein paar Hundert GTA-Weitwanderern, die sich über den ganzen Sommer verteilen und nur eine Nacht bleiben, praktisch keinen Tourismus: 2015 gab es gerade mal 925 Übernachtungen, wovon der größte Teil natürlich auf unser Projekt entfällt. Unsere Idee und deren anfangs harzige Umsetzung, zusammen mit den letzten Ureinwohnern in der Initiative Pro Rimella, war ein durchschlagender Erfolg: in der gesamten Provinz Vercelli ist Rimella - neben dem GTA-Etappenort Carcòforo - die einzige Gemeinde, in die mehr, genauer: fast viermal mehr (!) ausländische Touristen (total 374) als Italiener (101) kommen und dann erst noch mehrere Nächte bleiben! In allen anderen Orten ist es genau umgekehrt: selbst in Alagna, das noch vor Jahren vom Wintersport der steinreichen Skandinavier gelebt hat, gibt es nur noch 49 Prozent nicht-italienische Touristen ... und nur bei uns in Rimella kommen wir auf unglaubliche 79 Prozent ausländische Touristen, die 85 Prozent aller Übernachtungen ausmachen!
Die Meinungen der Einheimischen zu unserer Idee des "intelligenten Tourismus" finden Sie hier, diese Bezeichnung stammt übrigens nicht von uns, sondern sie wurde vom Altbürgermeister Giorgio Vasina von Rimella selbst geprägt. In der größten Wochenzeitung des Sesiatals, dem Corriere Valsesiano, erschien bereits am 26. Juli 2002 unter dem Titel "Rimella è un bellissimo Walserdorf" ein ausführlicher Bericht über unsere begleiteten Bergwanderungen. Ein weiterer Bericht erschien in der Regionalzeitung Notizia Oggi vom 10. Januar 2005: "Dalla Germania sui sentieri dei Walser di Rimella." Gerne schicken wir Ihnen eine Fotokopie.
Alles hängt davon ab, wie lange das legendäre Albergo Fontana im zentralen Ortsteil von Rimella noch geöffnet hat - als Treffpunkt der letzten Einheimischen und als seit Jahrzehnten bewährter Stützpunkt für unsere Wandergruppen und für alle Bergwanderer. Das Hotel ist ein Familienbetrieb ohne Nachfolger, und als gute Freunde sagen wir glasklar: das Ende kann sehr schnell und unverhofft kommen. Wenn das Fontana schließt, ist Rimella tot.
Dann werden nur noch im Sommer und gelegentlich an schönen Wochenenden oder Brückentagen ein paar wenige Zweitwohnungs-Besitzer aus der Padanischen Tiefebene heraufkommen. Daraus folgt: falls Sie planen, "irgendwann mal" - gerne auch für einen mehrtägigen Aufenthalt - nach Rimella zu kommen ... warten Sie nicht mehr allzulange. Schon nächstes Jahr kann es zu spät sein! Allora ... quale futuro per Rimella?
Quellen dieser spannenden Chronik sind die einschlägige Literatur und Hunderte von persönlichen Gesprächen mit den letzten Einwohnern. Aus Platzgründen ist dies ist natürlich eine subjektive Kurz-Geschichte im Zeitraffer-Format, auf der wir als beste Kenner des gesamten Gebiets auch die sehr unterschiedlich verlaufene und faszinierende Entwicklung im Sesiatal den Ereignissen in Rimella direkt gegenüberstellen. Zur Vertiefung ist die ausführliche Geschichte von Rimella - nicht vom Sesiatal! - auf 550 italienischsprachigen Seiten hier zu finden. Einteilung der sechs Schlüsselphasen des alpinen Tourismus in Anlehnung an das Standardwerk von Werner Bätzing.
Zeitraum | Sesiatal | Rimella |
Frühgeschichte | 1025 erste urkundliche Erwähnung von Varallo in einer Schenkungsurkunde von Konrad II., König von Deutschland, an den Bischof von Novara, über die Alpe Otro von Varade. | Die Kapitel der Klöster San Giuliano von Gozzano und San Giulio von Orta, beide am Ortasee, besitzen schon lange vor 1000 große Alpflächen im obersten Mastallone- und Stronatal. Die Alpe Rimella, besiedelt von einigen Walliser Familien aus Visperterminen (ob Visp im Oberwallis), wird 1011 erstmals urkundlich erwähnt. 1228 steht sie im Verzeichnis des Klosters San Giulio: Rimella ist die älteste Walsersiedlung im Sesiatal. 1432 erste urkundliche Erwähnung von Campello Monti im obersten Stronatal. |
Mittelalter | 1490 Beginn der Arbeiten am Sacro Monte. Varallo ist nach dessen Fertigstellung jahrhundertelang ein friedliches Pilgerstädtchen unter dem Sacro Monte, das von den ewigen Kleinkriegen zwischen Adel, Bauern, Städten, Burgdörfern und den immer wieder eingreifenden und herrschenden Habsburgern, Spaniern und inbesondere den Franzosen, die das spätere Piemont schon jetzt als Spielwiese für ihren Größenwahn benützen, nicht tangiert wird. Alagna hat 960 Einwohner in 1628. 1718 Königreich Piemont, "die Schwaben von Italien": schaffen und feiern - in dieser Reihenfolge! | 964 Einwohner in 1631. Aus der Alpe Rimella ist wegen der legendären Zähigkeit der Walser = Walliser ein Bergdorf geworden. Bergbauernwirtschaft und extreme Isolierung. 1062 Einwohner in 1703. 1551 wird der Friedhof von Campello Monti eingeweiht, vorher wurden die Toten über die Berge ins Mutterdorf Rimella auf den dortigen Friedhof getragen. |
1765-1880 Entdeckungszeit |
Varallo ist Kleinstadt und Handelszentrum im Sesiatal. "Es gibt die üblichen unbedeutenden Grenzstreitigkeiten mit den Nachbarn. Ansonsten lebt das Sesiatal in einer ruhigen und heiteren Umwelt. Diese in der Geschichte Italiens einzigartige und außergewöhnliche Epoche dauert bis ins 19. Jahrhundert an, als es unter die savoyische Herrschaft gerät." (Guida alla Valsesia, Seite 19.) Dann ist es vorbei mit der Idylle, denn die fürchterlichen Franzosenkriege in ganz Europa erreichen auch Varallo: 1800 kommen französische Soldaten über den Colle di Valdobbia und kämpfen nach der Schlacht von Scopello vor den Toren von Varallo gegen eine österreichische Garnison. 1800-1814 französische Besatzung Piemonts mit dem Sesiafluß als Grenze, dadurch sofortiger und völliger Zusammenbruch der blühenden Alpwirtschaft beispielsweise im faszinierenden Valmala, das vom zugehörigen Talort Scopa durch eine Staatsgrenze getrennt wird. Der Vater † des Inhabers des Albergo Italia, Dario Uffredi aus Scopa, erinnert sich: "Du hättest vor 200 Jahren im Valmala sein sollen, da hatte es noch sage und schreibe 13 große Alpen mit Hunderten von Leuten." Mario Soster, Autor des hervorragenden neuen Bildbands Flora Eletta Valsesiana, schreibt: "La Valmala è oggi la località più selvaggia della Valsesia. Percorrendola si avverte quella sensazione di 'wilderness' che nella nostra era, sopratutto nel nostro emisfero così antropizzato è ormai rara." Aus dem Unabhängigkeitsdenken der Valsesiani und dem buchstäblich brennenden Widerstand gegen die verhaßten Besatzer resultiert später der durchschlagende Erfolg im Partisanenkrieg am Ende des Zweiten Weltkriegs. 1814 löst sich die Macht des größenwahnsinnigen Korsen Napoleon in Luft auf, aber das Gebiet südlich des Sesia erholt sich nie mehr von der Sekkierung durch die Franzosen und bleibt deswegen ein weißer Fleck auf der Landkarte - bis heute (2024) ein Paradies für persönlich bekannte Wilderer! Nach dem Abzug des Erzfeindes gibt es wieder neuen Schwung. 1819 wird Varallo Hauptstadt der neuen Provinz Sesiatal, die 1836 in der Provinz Novara aufgeht. Schon 1811 entsteht das Albergo Italia aus einem ehemaligen Kloster: 2024 feiern wir 213 Jahre! Alagna mit 697 Einwohnern in 1837 wird Ausgangspunkt für die Erstbesteigungen am Monte Rosa: 1834 steigt Pfarrer Giovanni Gnifetti auf die nach ihm benannte 4559 Meter hohe Spitze. 1867 wird die Sektion Varallo des CAI gegründet, als allererste Sektion überhaupt außerhalb Turins und bis heute (2024) nach Turin und Mailand die drittgrößte Sektion des CAI mit über 2600 Mitgliedern und neunzehn Biwaks, Stützpunkten und Hütten! | 1381 Einwohner in 1831, der Höchststand! 1789 reist Horace Benedict de Saussure, der Erstbesteiger des Monte Bianco in 1786, ins Sesiatal. Auch er ist überzeugt davon, dass die von ihm so bezeichnete "deutsche Wacht am Monte Rosa" wegen ihrer Holzbauweise, Sprache, Traditionen und Trachten aus dem Wallis stammt. Campello Monti hat 192 Einwohner in 1811 und wird 1815 administrativ vom Mutterdorf Rimella abgetrennt. Die sehr engen Beziehungen bleiben aber bis heute (2024) erhalten, denn die Walser lassen sich von irgendwelchen italienischen Flachlandbürokraten bis heute (2024) sowieso nix sagen. "Noi abbiamo la testa quadrata, loro hanno la testa ronda!" sagt Fiorenzo Rinoldi vom Albergo Fontana: heute noch besitzt seine Familie die Alpen Calzino und Pian di Via (GTA-Etappe 3!), die "hinter" der Bocchetta im hintersten Stronatal und oberhalb von Campello Monti liegen. (Da er nicht mehr so weit marschieren kann wie in jungen Jahren, haben wir für ihn am 4. August 2005 vom Sperone oberhalb der Alpe Cama ein spektakuläres 375º-Digitalpanorama erstellt und über zwei Meter breit ausgedruckt, was in Rimella natürlich wie eine Bombe eingeschlagen hat, denn so etwas hat dort vorher noch nie jemand gesehen.) Rimella ist ein währschaftes Bergdorf am Ende der Welt, das von der Bergbauernwirtschaft lebt. 1828 beispielsweise werden 150 Quintali (Doppelzentner) Butter, 200 Quintali Käse, 4 Quintali Leder und 175 wenige Tage alte Kälbchen auf dem Markt in Varallo verkauft. Eingekauft werden 1573 Quintali Mais, 787 Quintali Hafer, 200 Quintali Reis, 25 Quintali Hanf, 6300 Kilo Salz und 50 Hektoliter Wein. 1841 hat es 50 Buben und 40 Mädchen in der Schule. Die gute Schulbildung der Rimellesi ist bis zum Bischof von Novara bekannt. Die Handwerker sind bis nach Frankreich als exzellente Maurer, Planer und Steinplatten-Dachdecker geschätzt. Trotzdem verbreitete Armut und Beginn der saisonalen Emigration in die Schweiz. Schon 1806 arbeiten 181 von 554 männlichen Einwohnern auswärts. Die anstrengende Fußreise über hohe Bergpässe und den Kleinen Sankt Bernhard nach Savoien dauert eine Woche: "Non era una passeggiata turistica con le mani in tasca. Erano pesantemente carichi: bagagli personali, viveri, strumenti di lavoro, martelli, picconi e trivelle, pennelli e scatole di colori, asce e scalpelli. Era un viaggio di parecchi giorni, al minimo una settimana." schreibt Claudio Bossi. Der Deutsche Albert Schott kommt 1834 nach Rimella und ist begeistert vom Dorf, seiner Umgebung und seinen Einwohnern. 1854 Albergo di Leone in Forno. 1857 wandert der weitgereiste Engländer Samuel Williams King von Omegna über Campello Monti nach Rimella, ein Jahr später erscheint von ihm in London ein Buch über die tolle Gegend. Campello Monti hat 84 Einwohner in 1880. |
1880-1914 Belle Époque |
Beginn der Industrialisierung mit Holz- und Textilindustrie in Borgosesia und Varallo. Anfangs eine Tuchfabrik am Zusammenfluß von Mastallone und Sesia, die spätere "Rotondi", und eine Fabrik, die aus Wurzelholz Pfeifen für ganz Italien herstellt. Parallel zur späteren Eisenbahn entsteht der 30 Kilometer lange Mastallone-Kanal, der mit Wasserkraft die vielen Fabriken bis hinaus nach Borgosesia antreibt - heute noch! Später dann die riesige Schurwolle-Fabrik "Lana Sesia" in Borgosesia und die Garnfabrik und Färberei "Tagliaferro" ebendort; Loro Piana in Quarona gibt es sogar heute noch als Edelmarke, und in Varallo selbst die bedeutende Wollgarnfabrik Grober, ein Walsername aus Alagna! Die Weltmarke Fila entstammt einer Wollspinnerei (FIlatura dla LAna) in einem Vorort von Varallo, die längst aufgegebene Fabrikhalle mit dem hundert Jahre alten Markenzeichen drauf ist für Eingeweihte heute noch zu finden! Cerrutti und Zegna aus Coggiola und Trivero gibt es ebenfalls heute noch als Edelmarken, letzterer schenkt seinen Arbeitern später für deren Freizeit eine 20 Kilometer lange Aussichtsstraße über einen Höhenrücken am Alpenrand mit toller Aussicht auf die padanische Tiefebene, die bekannte "Panoramica Zegna", die heute bereits eine eigene Touristenattraktion darstellt. Die umfassende Geschichte des Textilclusters Biella - Sesiatal steht hier. 1886 Eisenbahn Novara-Varallo, nach dem Vorbild der deutschen Schmalspurbahn Köln-Bröl. 1890 Splendid Park Hotel, heute eine berühmte Hotelfachschule. 1893 Capanna Margherita auf dem Gipfel der Punta Gnifetti 4559 Meter, die höchste Hütte der Alpen, und weitere großartige hochalpine Berghütten am Monte Rosa. Aristokratischer Tourismus der Oberschicht mit ausgedehnten Spaziergängen und leichten Bergwanderungen. | 970 Einwohner in 1911: Chiesa 41, Ebe und Sant'Antonio 39, Grondo 81, Pianello 59, Prati 85, Riva 9, Roncaccio inferiore 15, Roncaccio superiore 22, Sella 87, Villa inferiore 80, Villa superiore 80, San Gottardo 152, Sant'Anna und Tosso 57, emigriert ins Königreich Italien 71, ins Ausland 112. Nickelminen in Campello Monti. 1886 Schotterstraße und Postkutsche bis Grondo. 1898 Albergo della Posta im Zentrum unterhalb der Piazza, das aber kurz darauf abbrennt und nicht wieder aufgebaut wird. 1899 wird Abele Traglio aus Rimella der erste Bergführer im Stronatal, er arbeitet bis 1931. 1905 Albergo Fontana: Tourismus mit langen Bergwanderungen und gutem Essen (kommt das unseren heutigen Gästen nicht irgendwie bekannt vor?) der faszinierten Aristokratie. Gäste aus ganz Europa sind des Lobes voll wegen dem tollen Essen und ... der schönen Mädchen. Schon jetzt gibt es viele Stammgäste. Im Juli 1913 beispielsweise kommen 14 Herren aus Mailand, darunter auch Luigi Bertarelli, der Gründer des Touring Club Italiano. Einen Monat später schreibt André Lesourd aus Paris, dass man im Albergo Fontana besser essen kann als beim berühmten Pariser Koch Paillard: "Paillard fait bien, mais Fontana fait mieux!" Es kommen auch zahlreiche Deutsche und Franzosen und Engländer, viele zu Fuß den ganzen Weg von Varallo herauf oder gar über die Berge: zwei Alpini-Offiziere machen Fobello - Colle Baranca (GTA-Etappe 5!) - Pizzo del Moro - Tre Pizzi - Pizzo Nona - Colle Dorchetta - Rimella in zehn Stunden. 1906 Albergo della Nigritella in Campello Monti. Die ersten Alpen werden aufgegeben. Beginn der endgültigen Entvölkerung über das Genferseegebiet insbesondere nach Pontarlier im französischen Jura, wegen zunehmender Diskriminierung in Frankreich aber auch schon 1891 bis nach Karlsruhe in Süddeutschland. In 1906 beispielsweise wandern insgesamt 790 Männer aus dem Mastallonetal aus nach Deutschland, Frankreich, Italien und in die Schweiz, insbesondere Blechschmiede, Gipser, Kellner, Maler, Maurer und Schreiner. Der weitsichtige Pfarrer von Ferrera, "Don Miniere", begreift schon jetzt die Auswirkungen der Massenabwanderung und versucht verzweifelt, mit Erzminen eine lokale Industrie aufzubauen. Seine Geschichte steht hier. |
1915-1955 Weltkriege, |
Umfassende Industrialisierung Norditaliens. 1927 geht das Sesiatal in die neue Provinz Vercelli über, eine grandiose Fehlentscheidung mit katastrophalen Auswirkungen, denn die tumben Politiker aus dem trüben padanischen Tiefland kümmern sich - bis auf den heutigen Tag! - einen feuchten Dreck um das zunehmend verarmte Sesiatal, und kapieren tun sie sowieso nix. Zusammenbruch des Belle-Époque-Tourismus. Kleinere Hotels entstehen jetzt auch für die Mittelschicht, es hat aber praktisch nur noch italienische Gäste. 1924 erscheint der hervorragende Gebietsführer von Don Luigi Ravelli, bis heute die einzige umfassende Beschreibung vieler Berge und Wege, die heute natürlich schon längst im Dschungel verschwunden sind. 1935 Seilbahn zum Sacro Monte, die steilste Europas: 100 Meter Höhenunterschied bei einer Seillänge von 120 Metern! Im Zweiten Weltkrieg zähe und verlustreiche Partisanenkämpfe. 1946 Consiglio della Valle, die erste Institution in ganz Italien zur politischen Vertretung eines Berggebiets. Etwa 1948 erscheint ein kleiner Touristenführer von Costantino Burla und Francesco Lova. Teerstraße 1950 bis Scopello, dann bis Alagna. Seilbahnen am Monte Rosa. | 900 Einwohner in 1921 (Alagna nur 659, Fobello 886!). Campello Monti hat 54 Einwohner in 1925. Im August 1915 - schon mitten im Ersten Weltkrieg - kommen acht Herren aus Quarona und Borgosesia ex Ferrera über den Kaval nach Rimella, eine Wahnsinnstour, die jetzt nur noch Jörg Klingenfuß kennt und macht - normalerweise alleine und ansonsten nur in absoluten Ausnahmefällen mit zuverlässig verschwiegenen einheimischen Wildererkollegen! Im August 1916 führt ein Herr Silvetti Auvergne eine ähnlich harte Überschreitung in zehn Stunden durch: Varallo - Sabbia - Alpe Campo - Alpe Laghetto - Monte Càpio - Bocchetta di Càpio - Alpe Pianello - San Gottardo - Rimella. 1924 wird das Albergo von der Familie Riolo übernommen, die bis heute das sagenhafte "Album dell'Albergo Fontana" hütet, einen unbezahlbaren Schatz der Geschichte: das illustre Gästebuch der Belle Époque! Nach Kriegsende lebt der Tourismus wieder auf, man reist an per Postkutsche und immer öfter auch im Auto bis nach Grondo, und wie gewohnt zu Fuß: Marco und Renato Riccio aus Civiasco machen in einem Tag die Überschreitung vom Colle Ranghetto, bei Camasco, über den ewig langen und stellenweise exponierten Grat Massa del Turlo - Monte Càpio! Im Mai 1927 macht die bedeutende Volksbank Novara ihren Jahresausflug ins Albergo Fontana. Die seit 1902 betriebenen Kobalt-Nickel-Minen von Gula weisen zuwenig Erzgehalt auf. Obwohl jährlich bis zu 1730 Tonnen Erz produziert werden, rentieren sie sich nie und werden 1935 endgültig geschlossen. 1923 wird Agostino Beltrami Bergführer im Stronatal. Seit 1924 darf Frankreich als Schikane nur noch über die Hunderte Kilometer von Rimella entfernten Grenzübergänge Modane und Ventimiglia betreten werden. Außerdem werden ab 1925 im selbsternannten Land der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit ausländische Arbeiter bis aufs Blut sekkiert. Giuseppina Zaquini Scabbía, "La lampada accesa", Seite 229-230: "Lo zio raccontava ... Nella mia vita mi sono mancate molte cose ... ormai a solo 34 anni mi sento sfinito! Fu a Parigi che mi accorsi della mia malattia. Lavoravo in un laboratorio a tornire i metalli, l'aria era saturata di pulviscoli, senza protezione per il lavoro. Tu Adelaide non conosci il mondo, non sai le sofferenze di chi va all'estero in cerca di lavoro! I sacrifici che fanno i nostri lavoratori! Non lo crederesti, come vengono sfruttati!" Weil sie natürlich gegen diese saumäßigen Zustände protestieren, dürfen sie sich in Frankreich nicht mehr politisch betätigen. Daher jetzt dramatische Entvölkerung in die bis heute urdemokratische Schweiz, wo die 'Welschen' erheblich besser behandelt werden und die Walser in ihrer alten Urheimat sowieso: Rimella ist heute noch ein Familienname in Laschodfo! 1924 Albergo Monte Càpio. Anfang der 1930er Jahre Elektrizität im Ortszentrum. 1930 kommt zum letzten Mal George Verley, ein Herr aus Paris, der seit 1913 jährlich mehrere Male im Albergo Fontana weilt. Damit endet eine Ära und es folgt der totale Zusammenbruch des Belle-Époque-Tourismus. 1941 erstes öffentliches Telefon im Albergo Monte Càpio. Im Zweiten Weltkrieg ist Rimella wegen der Unzugänglichkeit das logistische Zentrum des Partisanenkriegs im Mastallonetal mit dem großartigen Anführer Vincenzo Moscatelli. Zunächst wird ein großes Waffenlager in Bocciolaro angelegt, unmittelbar hinter der leicht kontrollierbaren Schlucht von Gula. Später ziehen sich die Partisanen nach Rimella zurück, dem einzigen anscheinend sicheren und uneinnehmbaren Standort. Die in verschiedenen Quellen fälschlich behauptete Verbrüderung der Einwohner mit den Partisanen hat es allerdings nie gegeben und werden solche durchsichtigen "politisch korrekten" Lügen von allen Zeitzeugen als primitive Manipulation empört zurückgewiesen! "La gente aveva paura dei partigiani, aveva proprio paura, perchè sapeva che poi i fascisti te la facevano pagare" sagte Giovanna Riolo (Storia di Rimella, Seite 420). Moscatellis Behauptung "Nel salone dell'albergo Monte Càpio di Rimella, la popolazione partecipò alla festa. Trecento partigiani si trovavano riuniti assieme alla popolazione di Rimella e la grande assemblea si sciolse tra l'entusiasmo generale." (Seite 422, vermutlich zitiert aus Moscatellis "Märchenbuch" Il Monte Rosa è sceso a Milano) ist nachweislich eine glatte Lüge, und offensichtlich nicht die einzige, und wird sie von allen Zeitzeugen empört zurückgewiesen. "Wir hatten damals das einzige Telefon. Unsere Eltern haben zu denen wegen möglicher Schwierigkeiten immer Distanz gehalten. Wenn es einen Anruf gab, haben sie immer eine von uns Schwestern hinuntergeschickt ins Hauptquartier in Villa inferiore, und wir mußten sofort wieder zurückkommen." sagt Piera Rinoldi nachdrücklich im April 2005, und ihre blinde Schwester Basilia †, das berühmte 'Gedächtnis von Rimella', ruft im Hintergrund "Das 'Fest mit den 300 Partisanen und sämtlichen Einwohnern' hat es niemals gegeben, weder bei uns hier im Albergo Monte Càpio noch unten im Albergo Fontana. Unsere Eltern würden sich im Grab umdrehen, wenn sie das lesen müßten. Niemals! Es ist eine Lüge!" Am 1. März wird Rimella bombardiert: Arrivan gli Stukas! Zum Glück gibt es nur Sachschäden; den Bombenkrater hinter dem Hubal findet man heute noch, wenn man sich auskennt. Die Brücke von Gula wird am 11. März von den Partisanen gesprengt und das Mastallonetal kann jetzt nicht mehr mit Fahrzeugen erreicht werden und wird vom Feind regelrecht ausgehungert. Am 5. April beginnen die Nazifaschisten den Großangriff aufs Mastallonetal. Die Partisanen sprengen die "Brücke der beiden Flüsse" Mastallone und Landwasser, um den Vormarsch von 1500 feindlichen Soldaten aufzuhalten. 1000 weitere Nazifaschisten kommen aus den Nachbartälern über die Pässe von Galmanna, Baranca, Dorchetta und Campello Monti. Die fantastisch gelegene Villa Aprilia wird ebenso niedergebrannt wie Hunderte weiterer Gebäude insbesondere in San Gottardo. Moscatelli flieht zunächst ins Val Roy, dann über den Pizzo Tracciora di Cervatto und das Val Meula nach Ferrera und Sabbia und über die Berge bis nach Valduggia. In Borgosesia und Varallo werden mehrere gefangengenommene Partisanen erschossen. Später nehmen die Nazifaschisten über hundert junge Männer aus dem Tal gefangen und transportieren sie als Zwangsarbeiter nach Bayern in die Lager von Kaufering, Oberott und Landsberg. Zum Essen gibt es jeden Tag gekochte Kartoffeln, für Italiener der reinste Schweinefraß. In den Wirren des Kriegsendes können sie getrennt fliehen, und alle - ein Wunder! - schlagen sich in Zügen, auf Lastwagen und zu Fuß über Innsbruck und den Brennerpaß wieder in ihre Heimat durch. Moscatelli sammelt seine Partisanen in Valduggia und befreit von dort aus im Sommer 1944 Borgosesia und Varallo. Der Krieg ist vorbei, aber das "Album dell'Albergo Fontana" weist immer weniger Einträge auf und endet 1949. Öffentliche Telefone in Grondo, Chiesa, Prati und San Gottardo. Die Fuhrwerke fahren nur bis Grondo und dann muß buchstäblich wie im Mittelalter alles umgeladen und auf dem Rücken eines Menschen oder eines Tragtiers über die steile "Schtigu", die Steige, den uralten Maultierpfad, ins Ortszentrum hinaufgezerrt werden, jedes Kilo Reis und jedes Pfund Salz - und in umgekehrter Richtung jedes Kilo Butter, Fleisch und Käse für den Markt in Varallo. Der verzweifelte Bürgermeister Serafino Vasina schreibt 1946 einen Bettelbrief an die Provinzregierung in Vercelli und bittet angesichts dieser unmöglichen Infrastruktur und der hohen Transportkosten um einen teilweisen Steuernachlaß. Piera Rinoldi vom grandiosen Albergo Monte Càpio, das einmal zwei Speisesäle hatte, erinnert sich: "Ich mußte oft mit meiner Schwester hinuntersteigen und die schweren Koffer der Gäste herauftragen. Und das Brot holten wir jeden Tag von der Bäckerei an der Mühle unten in Grondo." Renata Rinoldi vom Albergo Fontana: "Unsere Eltern mußten damals beim Umbau jeden Sack Sand und jede Eisenstange auf dem Rücken heraufschleppen, und deswegen möchte ich schon noch eine Weile weitermachen, auch wenn es sich niemals rentiert." 1953 Linienbus über Fobello nach Varallo. Zusammenbruch der seit Jahrhunderten bewährten Pflicht der Männer zur Corvè, der gemeinsamen Schwerarbeit, mindestens 10 Tage im Jahr, beispielsweise beim Bau neuer Wege und beim Herrichten der Steinplatten dafür oben am Mettlo, einem längst vergessenen Steinbruch in 1900 Metern Höhe, den wir unseren kleinen Wandergruppen bei unseren einzigartigen Rundwanderungen zeigen. Pier Giorgio Vasina: "La società rimellese si basava su un sistema di corvée, ogni famiglia, oltre alle attività necessarie al proprio sostentamento, aveva l’obbligo di un certo numero di ore di lavoro per le opere di pubblica utilità, proporzionate al numero dei componenti del nucleo famigliare." Viele Alpen werden aufgegeben. Beginn des Zerfalls der zahlreichen schönen Bergwege. In den 1960er Jahren wird das kleine Albergo von der Familie Rinoldi übernommen, die es bis heute, 2024, bereits in dritter Generation unter großen Mühen betreibt. 563 Einwohner in 1951. |
1955-1985 Massentourismus |
Nach dem Krieg massive Motorisierung Norditaliens. Viele Pendler aus dem Sesiatal arbeiten in den großen Fabriken der padanischen Tiefebene. Kleiner Skilift für die Einheimischen auf einer Waldwiese bei Camasco. Ab 1965 verbreiteter Wohlstand und somit Massentourismus auch der Unterschicht, hauptsächlich im Winter in Alagna und Scopello mit großen Skiliften und potthäßlichen Appartmenthäusern. Ferien- und Zweitwohnungen: die Mailänder in Alagna und Scopello und die ungeliebten Römer, wie immer schön getrennt, in Carcòforo und Rima. 1973 Comunità Montana Valsesia als Nachfolger des Consiglio della Valle. 1975 Teerstraße zum Sacro Monte, die Seilbahn wird stillgelegt. 1979 erkennt Alagna sofort die Chancen, die der neue Naturpark Monte Rosa - Sesiatal bietet, setzt sie entsprechend um, reißt das neue Besucherzentrum sowie praktisch sämtliche Gelder für den neuen Naturpark an sich und kann damit den Rückgang des Sommertourismus verzögern. 1984 besucht Papst Johannes Paul II. den Sacro Monte. | 431 Einwohner in 1961. Die Schule in Sant'Antonio wird 1959 mangels Kindern geschlossen, die in San Gottardo 1975. 1960 zerstört ein Großfeuer die Schule und das Rathaus in Chiesa mit allen schriftlichen Dokumenten und Archiven. 1965 schließt das kleine Lebensmittelgeschäft in Grondo. 1969 Teerstraße bis zur Hauptkirche: die Arbeiten haben bereits 1953 begonnen, aber für die letzten drei Kilometer hat der Staat Italien 16 (sechzehn) Jahre gebraucht, das sind zwei Zentimeter pro Stunde ... "Die meisten Männer haben auch hier auf nichtlandwirtschaftliche Berufe umgestellt, und viele arbeiten draußen in Varallo und kommen nur am Wochenende nach Hause. Vor allem die entlegenen Weiler veröden." (Zinsli, Walser Volkstum, 1968, Seite 269). 1977 Elektrizität in San Gottardo und 1988 Teerstraße bis vor San Gottardo. Trotzdem immer noch das Ende der Welt. Totaler Zusammenbruch der Bergbauernwirtschaft und umfassende Emigration. Pendler fahren jetzt zur Arbeit bis nach Novara. 1979 Naturpark Monte Rosa - Sesiatal; dessen immense touristische Möglichkeiten werden leider bis heute weder erkannt noch realisiert: "Disinformazione, incomprensioni, ancora oggi ..." (Storia di Rimella, 2004, Seite 435). Manche Einwohner stehen dem Naturpark sogar feindlich gegenüber! Die GTA bringt ab Anfang der 1980er Jahre schlagartig einen stetigen Strom von deutschsprachigen Fernwanderern ins Dorf, aber leider wird auch bei diesem Projekt die riesige Chance für die sanft-touristische Zukunft, die Rimella geradezu auf den Leib geschneidert ist, nicht einmal ansatzweise begriffen. Niemand kommt auf die naheliegende Idee, beispielsweise durch das Herrichten einiger schöner Wege die begeisterten Gäste ein paar Tage länger als nur eine GTA-Nacht im Dorf zu halten! Flächenhafte Verbuschung und Verwaldung der Bergweiden. Uralte kilometerlange Terrassenfelder mit wunderschönen Trockensteinmauern von Ebe bis unter die Alpe Vegliana und zwischen Roncaccio inferiore und superiore (GTA-Etappe 4!) "verschwinden" einfach im Wald. Wenige Zweitwohnungen. 320 Einwohner in 1971, 243 Einwohner in 1985. Campello Monti hat 1 (einen) Einwohner in 1973. Augusto Riolo stirbt 1980, und mit ihm der Ort: "Der letzte Walser, der dort oben in den Bergen geblieben ist, verbrachte die unendlich langen Winter mit der Versorgung einiger Kühe und mit der Bewachung seines sterbenden Dorfes." (Valle Strona, Seite 51.) |
1985-2003 Stillstand |
Klimaänderung, Schneemangel, Globalisierung, Liberalisierung, spottbillige Flugreisen für jedermann. Bergwandern und Bergsteigen sind anstrengend und deshalb altmodisch und sterben aus, daher endgültige Schließung vieler Traditionshotels. Nach mafiamäßiger Immobilienspekulation mit absurden Bauprojekten mitten in der Pampa stehen viele Betonblockappartments im mittleren und oberen Sesiatal leer und die letzten tiefgelegenen Skilifte wie beispielsweise in Cervatto und Carcòforo gehen sowieso bankrott. Modesportarten wie Bergfahrradfahren, Flußschlauchbootpaddeln, Golf, Gleitschirmfliegen und Tennis benützen die Landschaft und die Einheimischen nur noch als beliebig austauschbare Kulisse mit urigen Marionetten. Den einzigen intelligenten Tourismus im Sesiatal machen die Kanufahrer und ein paar verrückte Wanderer, für die 1990 als allerletzter Auswahlführer der "Guida alla Valsesia" von Carnisio/Lazzarin/Soster erscheint. | 98 Einwohner in 1999. Die letzte Schule (in Chiesa) wird 1993 mangels Kindern geschlossen. Aussterbendes Bergdorf am Ende der Welt: Ebe, Roncaccio inferiore, Roncaccio superiore und Sant'Anna sind tot. Beginnendes Wildnisgebiet. Krankhafte Fixierung der maßgeblichen Leute - die selbst überhaupt nicht im Dorf wohnen! - auf die aussterbende Walserkultur und somit keinerlei intelligenter Tourismus. Diese fremden Leute von auswärts kennen nicht einmal die längst etablierte piemontesische GTA und behaupten allen Ernstes, es handle sich um irgendwelche Übergänge quer über die Alpen in die Schweiz und nach Frankreich, auf denen die Emigranten bis nach Pontarlier im Jura gegangen seien ... Gigantische Verschwendung von Steuergeldern der sogenannten "EU" für deren gewohnt groteske und sinnlose Projekte wie ein "Ferienhaus" in einem längst verlassenen und verfallenden Ortsteil von Rimella oder ein Tennisplatz in Fobello. Immer noch recht wenige Zweitwohnungen wegen der langen und zeitraubenden Anfahrt, während schnell und gut erreichbare Bergdörfer wie Arboerio oder Cervarolo bei Varallo praktisch schon ausverkauft sind. Anerkannt guter und familiärer GTA-Stützpunkt im legendären Albergo Fontana. Rimella ist seit vielen Jahren auch ein Lieblingsziel für geländegängige Geologen beispielsweise der ETH Zürich, weil die Canavese-Linie = Insubrische Linie buchstäblich mitten durch den Ort geht; beispielhaft ist die Arbeit von Dr. Andrea Rieser "Structural and geochronical investigations of the Scisti di Fobello e Rimella", Zürich, September 2001. Kurzfristige Modesportarten können sich wegen der harzigen Mentalität der Einheimischen nicht etablieren; das Projekt, ausgerechnet in Grondo einen Tennisplatz zu bauen - nur weil Fobello jetzt auch einen hat und zwanzig Jahre nach dem glücklichen Ende dieses superlangweiligen "Sports" mit der überwältigenden Attraktivität einer Schlaftablette und garantiert auch noch "EU"-gefördert! - wird allgemein als Schnapsidee verlacht. Stattdessen beginnen wir 1998 als Alternative zusammen mit den Einheimischen den mühseligen Aufbau eines intelligenten Tourismus: der eigene Jahresurlaub wird geopfert für jahrzehntelange unbezahlte Sklavenarbeit im piemontesischen Dschungel zum Aufspüren und Herrichten der uralten Bergwege mit Buschmesser, GPS und Motorsäge und seit 2001 Initiative Pro Rimella mit begleiteten Bergwanderungen! |
2003-2024 Neuerschließung |
Steigende Arbeitslosigkeit auch in Norditalien durch die Globalisierung: zeitversetzter Zusammenbruch der einheimischen Textilindustrie insbesondere in den Alpenrand-Gebieten Biella und Sesiatal, exakt so wie wir es schon einige Jahrzehnte zuvor bei uns hier im Schwäbische-Alb-Randgebiet Tübingen - Reutlingen - Hechingen - Balingen - Ebingen - Sigmaringen erlebt haben. The Economist, 10. Februar 2007: "Places such as Busto Arsizio and Gallarate, north of Milan, are turning into ghost towns as firm after firm goes under, leaving empty factories boarded up. Some 30 miles to the west, the same thing is happening to the cluster of woollen mills around Biella and Varallo." Die Comunità Montana Valsesia mit ihrem Rechtsnachfolger Unione Montana Valsesia - inzwischen unter den gnadenlos unfähigen Politikern aus Vercelli schon längst zum politischen Kindergarten verkommen - ist alleine mit sich selbst beschäftigt und völlig außerstande, Konsequenzen aus dem Ist-Zustand zu ziehen oder gar zukunftsweisende Initiativen für die vergessenen Bergbewohner anzuschieben. Ausbleiben der recht wenigen, aber sehr gern gesehenen treuen Gäste von "Otroalpe" ("hinter den Alpen") wegen der zunehmend katastrophalen Schuldenkrise in der sogenannten "EU". 2002 (Wieder-) Eröffnung der nagelneuen Seilbahn zum Sacro Monte. Touristische Wahnsinnsprojekte ohne jede Rücksicht auf Landschaft und Einheimische, jetzt fallen wirklich die allerletzten Hemmungen: ein neues Gesetz soll jetzt endlich in ganz Italien die Befahrung beispielsweise von Bergwegen aller Art durch Geländeautos, Motorräder, Quads und Trials ein für allemal legalisieren. Flächenhafte Zerstörung von Naturschutzgebieten beispielsweise bei Alagna, wo der Indrengletscher am Monte Rosa brutalstmöglich bis zur Cresta Rossa auf 3660 Metern erschlossen wird. Bis ganz oben fehlen nur noch 900 Höhenmeter: wetten, dass diese Umweltsäue für ihren verfluchten Skitourismus zusammen mit den Schweizern in spätestens zehn Jahren eine Skischaukel quer über das Monte-Rosa-Massiv nach Zermatt und Saas Fee bauen?! Wetten, dass die Pläne längst fix und fertig in den Schubladen von Turin und Sitten, der Hauptstadt des Kantons Wallis, liegen?! Auch im Sermenzatal, einem der schönsten Seitentäler des Sesia, haben wir in den letzten Jahren uralte Bergwege neu entdeckt und können spektakulär einsame Rundwanderungen und Überschreitungen anbieten. Man glaubt es kaum, aber mitten in diesem Wildnistal bei Boccioleto knallt die ENEL mit dem Hubschrauber einen Hochspannungsmasten mitten auf die exponierte und weithin sichtbare Alpe Campo Alto. Dieselbe ENEL plant jetzt ungehemmt die totale Ableitung des Sesiaflusses in einem 5 Meter dicken Rohr bei Balmuccia für die Energieversorgung der gnadenlos übervölkerten padanischen Tiefebene. Das Volk im Sesiatal ist voll dagegen, aber wen interessieren in Mailand und Vercelli schon ein paar Tausend Eingeborene und ein paar Dutzend Kanufahrer? Verschwendung von "EU"-Steuergeldern für deren gewohnt groteske und sinnlose Projekte wie Schneekanonen bei Scopello und Skischaukel Alagna-Gressoney. Alleine im Dürrejahr 2003 haben die Gletscher am Monte Rosa zehn Prozent ihrer Masse verloren, und 2005 geht es genauso weiter, am 26. Juni - also lange vor dem Hochsommer! - lag die Nullgradgrenze im Piemont schon bei unglaublichen 4700 Metern, also höher als sämtliche Gipfel des Monte Rosa! Trotz Erderwärmung zunehmend einseitige Fixierung auf die Wintersaison und somit nach wie vor kein intelligenter Tourismus. Der Sommertourismus im oberen Sesiatal bricht deshalb vollends zusammen, auch ausländische Touristen gibt es kaum noch und die Ferienwohnungspendler aus dem Flachland lassen kaum Geld im Dorf: 0900 aufstehen und die Glotze anschalten zum Giornale dello Sport, 1000 mit dem Hund zum Kiosk Zeitung kaufen, einen Caffè in der Dorfbar trinken, während die Tussi zuhause kocht und nebenher mit der Nachbarin vom Nebenappartement plappert, 1200 Mittagessen mit aus Mailand mitgebrachten Zutaten, im Supermercato zuhause ist es halt viel billiger als hier oben, vero o non, 1330 Siesta, 1500 anstrengender Spaziergang von einer halben Stunde mit Frau und Hund, dann wieder ab in die Bar, während die Tussi zuhause aufräumt und zusammenpackt, den Müll schmeißt man selbstverständlich noch schnell in den Abfallcontainer der Dorfbewohner, pünktlich um 1700 und gleichzeitig mit allen anderen hektische Abfahrt ins Flachland, damit man auf der Autostrada ab Romagnano Sesia rechtzeitig im Stau nach Mailand steht und um 2000 zum Telegiornale wieder beim Abendessen vor der Glotze sitzt. Süße, es ist so heiß hier, dreh doch mal eben die Klimaanlage auf mit dem umweltfreundlichen Wasserkraftstrom aus dem Sesiatal! Satire? Schön wär's! An einem Regentag an Ostern 2001, um die Zeit totzuschlagen, mit dem Pullman rauf nach Alagna. Madonna, was für ein Kaff! Unsere Spione sagen schon seit Jahren, in Varallo sei mehr los als in Alagna, und sie haben leider verdammt recht. Die Bella-Figura-Piste vom großen Hotel runter zum Rathaus neben der Pizzabude "im alpenländischen Stil" ist gerade mal zweihundert Meter lang. Es promeniert tutto Milano mit den dort gerade angesagten handtaschenkompatiblen Bonsaikötern; diese Spielzeugwauwaus würden in Manado, der Hauptstadt der Provinsi Utara auf der schönen Insel Sulawesi in Donesien, nicht mal als Vorspeise für satu orang sahaja genügen ... Die ganze Szenerie ist ungefähr so rasend interessant wie Kitzbichl im November. Das Beste an Alagna ist der Zentralfriedhof, denn da steht wenigstens Rimella als Clan-Name auf einem mannshohen Grabstein und gibt Anlaß zu recht angeregten Gesprächen mit den recht wenigen Einheimischen, die man ansonsten vergeblich sucht: die Bar Centro, der übliche Anlaufpunkt der Bergführer, hat leider zu, genauso wie die meisten anderen Kneipen, Hotels und Kitschgeschäfte. Also auf ins Touristenbüro zum üblichen Spaßvergnügen: Kennen Sie die GTA? Nein, wir wissen leider überhaupt garnix, aber angeblich hat ein Deutscher im Internet ... | 51 Einwohner in 2024. Aussterbendes Bergdorf am Ende der Welt: Riva und Sant'Antonio sind tot, also total bereits 6 von 16 Ortsteilen. Jetzt endgültig Wildnisgebiet, ein Paradies für Wilderer und Wildnisexperten und deren wenige Gäste, darunter immer mehr begeisterte Wiederholer. Wer hätte so etwas jemals für möglich gehalten! Anhaltender Rückgang des sowieso schwachen GTA-Tourismus: zu wenig bekannt, zu weit weg, zu anstrengend, zu teuer, und überhaupt: welcher deutsche Bergwanderer spricht schon Italienisch? "Hallo, duo kaputtschino prego subito kapito!" 2004, schon lange nachdem die letzten Einwohner in diesen abgelegenen Ortsteilen verstorben sind, kommt die Elektrizität auch nach Riva, Roncaccio inferiore, Roncaccio superiore, Sant'Anna und Sant'Antonio. Die ersten Zweitwohnungsbesitzer verkaufen ihre Bude wieder, weil in Rimella buchstäblich nix los ist. Wer am Wochenende von Mailand oder Turin aus mit dem Auto drei Stunden im Stau steht und sich durch dreihundert enge Kurven plagt, nur um dann oben in Rimella den Tag genauso sinnlos mit Fernsehen und In-der-Bar-Herumhängen totzuschlagen wie in der Großstadt, der kann genausogut und billiger - bei Benzinpreisen von über 1,70 EUR auch in Italien! - gleich zuhause bleiben. Einsetzender Rückgang des "Ferragosto-Tourismus" im Hochsommer, der großen Familienfeste im Heimatdorf. Auch Claudio Bossi aus Cravagliana, unserem Nachbarort im Mastallonetal mit 1624 Einwohnern in 1871 und 278 in 2003, versucht zu retten, was noch zu retten ist: "Bisognava fare qualcosa che restasse e che non si traducesse solamente in un successo passeggero od in una vendita eccezionale, ridotta ad un giorno solamente." Beim großen Walsertreffen in Galtür im September 2004 mit über 2500 Teilnehmern sind auch über 100 Noch- und Ex-Rimellesi dabei. Nach über einjähriger intensiver Vorbereitung und perfekter Organisation wiederum durch Piera Rinoldi sticht ihre bemerkenswerte Gruppe mit den wertvollen alten Trachten, Arbeitsgeräten und Werkzeugen beim großen Umzug am Sonntag alle anderen Walserdörfer aus, "auch Alagna hatte wesentlich weniger Leute, che spettacolo!", erinnern sich viele unserer Freunde, die dabei waren, darunter wie immer auch Gelindo und Franca Rinoldi vom Albergo Fontana. In Galtür sehen viele zum ersten Mal in ihrem Leben den nordostalpinen Massentourismus und sind gleichzeitig fasziniert und geschockt: "Du glaubst es nicht, aber dort hinten in Tirol ist jedes Haus ein Hotel. So etwas habe ich noch nie gesehen. Die haben Geld wie Heu, aber so könnte ich nicht leben. Bin ich froh, dass wir wieder zuhause sind. Wir waren mit dem Bus einen ganzen Tag lang unterwegs und wir verstehen erst jetzt, wie weit die deutschen GTA-Wanderer fahren müssen!" Das große Walsertreffen 2007 fand von Rimella gleich ums Eck in Alagna im Sesiatal, am Fuß des Monte Rosa, statt. Die langjährige Vorbereitung und perfekte Organisation durch Piera Rinoldi hatte einen durchschlagenden Erfolg: beim großen Umzug am Sonntag mit Superwetter und über zehntausend Zuschauern - erwartet hatte man viertausend! - wurde die rund 100 Teilnehmer umfassende Gruppe aus Rimella mit ihren wunderschönen Trachten und dem uralten Original-Handwerkszeug von allen Zuschauern als die schönste beurteilt. Piera Rinoldi freut sich schon heute auf 2025: "Denen werden wir wieder mal zeigen, wie man es richtig macht!" Die vorbildliche und lokal längst anerkannte Initiative Pro Rimella erkundet laufend, selbstverständlich auch im Frühjahr und Sommer und Herbst 2024 wieder, zahlreiche neue Überschreitungen und Rundwanderungen auf uralten Bergwegen im gesamten Mastallonetal und erhält exzellente Referenzen von den Teilnehmern an den Bergwanderungen - und erst recht von den Einheimischen! |
Begleitete Bergwanderungen in Rimella
Individuelle Begleitungen in Rimella und im Sesiatal
Glockenspiel der Kirche von Rimella am Sonntagmorgen 13. Mai 2007 0700
GTA-Webseite der Initiative Pro Rimella
Klima und Wetter in Rimella
Die Sprache von Rimella
Die Sprache von Rimella
Fotogalerie
Fotogalerie Campello Monti Winter 2003/2004
Gemeinde Rimella
Video Bocchetta di Campello Monti GTA-Etappe 3
Video Cima Capezzone - Cima di Lago - Cima Altemberg Superpanorama auf die Berge von Rimella
Video Cima di Scaravini Superpanorama auf den Monte Rosa und die Walliser Viertausender
Video Colle d'Egua GTA-Etappe 5
Video Kanusport auf dem Mastallonefluß Nosuggio - Pra d'Otra, piano
Video Kanusport auf dem Mastallonefluß Bocciolaro - Canale di Varallo, forte
Video Walser von Rimella Der Alltag unserer Freunde im Dorf
Naturpark Monte Rosa - Sesiatal
Naturpark Monte Rosa - Sesiatal
Cima della Bocchetta
Minen von Gula
Kanusport auf dem Mastallonefluß
Walser-Museum Rimella
Walser-Fotogalerie
Internationale Vereinigung für Walsertum
Nachbargemeinde: Campello Monti
Nachbargemeinde: Cervatto
Nachbargemeinde: Cravagliana
Nachbargemeinde: Fobello
Nachbargemeinde: Fobello
Nachbargemeinde: Macugnaga
Nachbargemeinde: Varallo Sesia
Nachbartal: Strona-Tal
Begleitete Bergwanderungen im Sesiatal
Touristenbüro Varallo
Heiliger Berg von Varallo
Berggebietsverband Sesiatal
Sesiatal
Sesiatal
Rafting auf dem Sesiafluß
Geologie Universität Tübingen
Präzise 4-Tages-Wettervorhersage für Piemont und das Aostatal
Schneelage Piemont
Landkarten, Fotos und Führer
Wörterbuch Italienisch-Deutsch-Italienisch
Jörg Klingenfuss
Initiative Pro Rimella
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